Falls es jemanden interessiert anbei mein kleiner Artikel zu meiner Wanderreise auf La Gomera. Morgen gehts wieder heim.
La Gomera - Die Geliebte
Den Rucksack halb schief auf dem Rücken, ein schlichtes kurzämliges Hemd am Körper und die Schildmütze auf dem Kopf. So sieht er aus, der Wanderer. Die Kappe, ganz klassisch, hintem am Verschluss offen. Das von silber und grau durchzogene Haar hängt heraus. Einfach muss es sein, aber trotzdem irgendwie gut.
Der Stecken darf nicht fehlen. Blau oder Rot, nur nicht schwarz. Praktisch muss er sein, aber irgendwie gut.
So sehe ich sie 7 Tage lang vor mir. Die Wanderer. Vom grauen Wetter und Alltag in Deutschland endlich befreit freuen sie sich auf ihren wohlverdienten und "entspannten" Wanderurlaub auf La Gomera.
700 Meter geht es teilwese bergauf oder bergab. "Des hot mir vorher fei kaaner gsocht" witzelt ein Mittfünziger in bestem fränkisch. Alle lachen, auch ich irgendwann. Ich muss mich anpassen.
"Die Geliebte" so habe ich sie getauft. Es heißt Columbus hatte bei seiner geplanten Reise nach Indien 1492 auf der Insel eine geliebte, weswegen sich die Weiterfahrt um 3 Monate verzögerte. Vom Entdeckergeist des großen Columbus ist wenig übrig geblieben. Die meisten einheimischen Verlassen die Insel kaum. Wenn überhaupt, dann um Urlaub auf Teneriffa zu machen. Da sind die Strände schöner und wenigstens ist man nicht mit jedem zweiten Verwandt.
La Gomera ist traumhaft. Aus unserem Tal, dem "Valle Gran Rey" führt eine einzige Straße heraus. Luftlinie 5 Kilometer bis zum nächsten Ort. Die Fahrzeit beträgt in etwa 20 Minuten aufgrund der extremen Serpentinenstraßen, die sich über die ganze Insel ziehen.
Der Busfahrer, Franco oder so, ist eine Inselbekanntheit. Wahrscheinlich schon über 100 mal hat er seine Geschichte seinen Fahrgästen erzählt.
Angeblich hätte er mal bei "Spain's Got Talent" mitgemacht, dem spanischen Ableger vom deutschen Supertalent. Alle lachen ungläubig und er scheint kurz beleidigt zu sein. Nach einigen Sekunden schnappt er sich das Bus Mikrofon und singt die Hymne seines Vereins Real Madrid.
Schlecht, wenn man mich fragt. Alle lachen, haben Spaß und applaudieren. Ich muss mich anpassen.
Die Wanderungen sind tatsächlich entspannter als gedacht. Unter uns liegt eine Aussicht, die auf keine Postkarte passt. Carlo der Wanderführer erklärt uns Büsche, Sträucher, Blumen und Bäume. Ab und zu zupft er irgendwas von einem Busch ab und verteilt das Grün an seine Kunden. "Reiben und riechen!" lautet die Anweisung. Diesmal auf Schwäbisch. Wir reiben und riechen. Einige jaulen "aaah" und "oooh" besserwisserisch von vorne. Sie erkennen den Geruch. Ich nicht, ist mir aber auch vollkomen egal was das ist.
Als liebhaber von Großstädten ist die natur, die Luft und die Menschen hier eine willkommene Abwechslung. Sattgesehen habe ich mich trotzdem irgendwann.
"Du musch' Entertainer, Lehrer und Führer sein" flüstert mir Carlo zu. "Auch wenn du mal Stress mit der Ex-Frau hast." So ist das wohl. Ich muss für die nächsten 4 Stunden erstmal gar nichts, nur laufen und mir die sich gleichenden Geschichten über Kinder, Enkelkinder und die stressige Rente anhören.
Nach einigen Tagen gewöhnt man sich aneinander. Die Stories werden privater und persönlicher. So mancher fragt mich vorsichtig nach Frau und Kind.
"Ich bin 24, verdammt!" denke ich mir und erzähle sehnsüchtig von meinem Mädchen, das zu Hause auf mich wartet. Sie erklären sich mit "Naja wegen dem Ring... wir haben halt schon gerätselt."
Alles typisch deutsch.
Die Gruppe hat sich geeinigt um 19 Uhr gemeinsam zum Buffet zu gehen. Um 18:55 Uhr treffe ich in der Lobby ein. Es wird schon vermutet, ob ich verschlafen hätte.
Um 19:01 Uhr fragt man sich bereits was denn los sei, da die Absperrung zum Buffet noch nicht geöffnet hat.
Um 19:05 Uhr dürfen wir begleitet von einem Gemurmel was wie "na endlich" klingt schließlich eintreten. Spanien, Engländer und Franzosen treffen nach und nach ein, während der Deutsche schon wieder auf den Kellner wartet, damit er "endlich" zahlen kann.
So richtig kann hier niemand aus seinem Gemüt ausbrechen. Dennoch wird viel gelacht, meistens aus Höflichkeit.
Nach dem Abendessen (meistens geschlossener Abgang um 20:15 Uhr!) hat man die Möglichkeit sich noch den ein oder anderen Drink in den umliegenden Lokalen zu gönnen.
Der Deutsche trinkt natürlich sein Bier. Wenn er mal ganz verrückt aufgelegt ist bestellt er auch den am ausländisch klingensten Cocktail auf der Karte. Ein Bild mit der Digitalkamera (modernes Zeug!) vom bunten Getränk muss natürlich auch sein, damit die erwachsenen Kinder zu Hause sehen wie crazy "die alten" doch nicht sind.
Es ist nicht ganz einfach den passenden Gruppenleiter für jeden Gast zu spielen. Am Ende kommt man mit einem simplen Motto doch ganz gut um die Runden: Einfach muss man sein, aber gut.
Jimmy The Pop - Parkrocker Gesichtsschnitzel 2016
€: Rechtschreibung und Grammatik wurde nicht überprüft.