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Im US-Bundesstaat Kansas drängen die Verfechter einer neuen Religion auf Aufnahme in den Schul-Lehrplan: Ihr Glaube an eine Schöpfung durch ein fliegendes Spaghetti-Monster konkurriert direkt mit den Theorien fundamentalistischer US-Christen. Genau das soll er auch.
Als im Frühsommer dieses Jahres die Schulbehörde von Kansas beschloss, neben Darwins Evolutionslehre im Biologieunterricht gleichberechtigt auch das fundamental-religiöse "intelligent design" zu lehren, nahm der 25-jährige Physiker Bobby Henderson das mit Humor: Nach eigener Aussage "um vier Uhr am Morgen" begründete er eine eigene Religion, die an die Stelle Gottes ein fliegendes Spaghetti-Monster setzt, und verlangte ebenfalls die Aufnahme in den Bio-Lehrplan von Kansas. Seine Webseite ging im Juni online - und wurde zum Auslöser für einen regelrechten Internet-Kult.
Auf über 51.000 Webseiten finden sich - laut Google-Zählung - inzwischen Verweise auf das "Flying Spaghetti Monster", kurz FSM. Die Anhänger der neuen Religions-Parodie nennen sich "Pastafarians" und legen fleißig Zeugnis ab von ihren Überzeugungen.
Die fasste Henderson in einem offenen Brief an die Schulbehörde von Kansas zusammen:
"Ich und viele andere Menschen in aller Welt glauben fest daran, dass das Universum von einem fliegenden Spaghetti-Monster geschaffen wurde. Es war es, das alles geschaffen hat, was wir sehen und fühlen. Wir sind überzeugt, dass die überwältigenden wissenschaftlichen Beweise für einen Evolutionsprozess nichts als Zufall sind, die Es hinterlegt hat."
Henderson fühlt sich dabei nicht zuletzt durch den amtierenden US-Präsidenten George W. Bush unterstützt, der sich öffentlich zu "nicht evolutionären" Erklärungen der Schöpfung bekannt und sich, so Henderson, damit hinter die Lehren vom fliegenden Spaghetti-Monster gestellt habe.
Auch für die Fährnisse der modernen Welt hält FSM schlüssige, sogar empirisch zu untermauernde Erklärungsmuster bereit.
So kann Henderson, selbst ernannter Prophet des fliegenden Spaghetti-Monsters, sogar grafisch die Erklärung für den Klimawandel, Hurrikans, Erdbeben und andere Katastrophen leisten: All das liegt natürlich am Rückgang der Zahl der Piraten seit dem Jahre 1800.
So manchem mag all das schwachsinnig erscheinen, anderen wiederum quälend vertraut: Hendersons "Glaubensbekenntnis" zitiert keck die Überzeugungen der als "Kreationisten" bekannten Fundamentalchristen.
Die schicken sich seit einigen Jahren vor allem von den USA aus an, den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt der letzten 500 Jahre in Frage zu stellen - und das mit wachsendem Erfolg. Gestützt durch Gesetze zum Schutz von Religion und Minderheiten drücken sie in immer mehr Schulen ihre Sicht der Schöpfung in den Unterricht - und verdrängen die etablierte Evolutionslehre mitunter völlig.
Unter Druck geraten dabei immer mehr Lehrer und Fachwissenschaftler, die zunehmende Anfeindungen von Seiten der religiösen Rechten in den USA beklagen und sich nun nur allzu gern als begeisterte Anhänger der FSM-Lehre outen.
Hendersons E-Mail-Account quillt über vor zustimmenden Zuschriften ("150 am Tag!"), die seiner "Religion" die gleiche Berechtigung zusprechen wie den Positionen der Kreationisten. FSM gelingt so ein Kunststück von fast klassischem Zuschnitt: Der Humorlosigkeit der religiösen Hardliner begegnet er mit einer fast blasphemischen Satire, versetzt die christlichen Eiferer so in wütende Hyperventilation - und macht sie lächerlich.
FSM wächst rapide
Seit die Presse Anfang August auf Hendersons Webseite aufmerksam wurde, wird sein ursprünglich als sarkastischer Protest gemeinter FSM-Gag zum wahren Selbstläufer. Bekennende FSM-Jünger trinken aus Tassen, die mit Krakeleien von Henderson geschmückt sind. Auf ihnen sieht man die nudelige Knäuel-Gottheit gerade beim Berge-, Bäume- und Tiere-Schöpfen. Ins Kraut schießt derweil die Zahl der Poster- und T-Shirt-Motive, die zum Beispiel das aus "Akte X" bekannte "I want to believe!" mit liebevoll gemalten Motiven fliegender Spaghetti-Knäuel kombinieren.
Auch Henderson selbst beteiligt sich weiter an der Promotion seiner neuen Religion und hat das doch arg knappe Glaubensbekenntnis inzwischen um einige Details aufgebohrt.
Glaubenswilligen kann er inzwischen erklären, warum es sich ganz besonders lohnt, zum Pastafarian zu werden: Seine "Kirche" zeichne sich dadurch aus, nur über "schwächliche moralische Standards" zu verfügen. Dafür sei der FSM-Himmel viel besser als der der Konkurrenz: "Wir haben dort eine Stripper-Fabrik und einen Bier-Vulkan."
Und überhaupt sei bei den Anhängern von FSM ja jeder Freitag ein religiöser Festtag. Falls der Arbeitgeber oder die Schule das nicht akzeptieren sollte, solle man auf seine Rechte zur freien Ausübung der Religion bestehen und damit drohen, die American Civil Liberties Union anzurufen.
quelle: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,370849,00.html
Als im Frühsommer dieses Jahres die Schulbehörde von Kansas beschloss, neben Darwins Evolutionslehre im Biologieunterricht gleichberechtigt auch das fundamental-religiöse "intelligent design" zu lehren, nahm der 25-jährige Physiker Bobby Henderson das mit Humor: Nach eigener Aussage "um vier Uhr am Morgen" begründete er eine eigene Religion, die an die Stelle Gottes ein fliegendes Spaghetti-Monster setzt, und verlangte ebenfalls die Aufnahme in den Bio-Lehrplan von Kansas. Seine Webseite ging im Juni online - und wurde zum Auslöser für einen regelrechten Internet-Kult.
Auf über 51.000 Webseiten finden sich - laut Google-Zählung - inzwischen Verweise auf das "Flying Spaghetti Monster", kurz FSM. Die Anhänger der neuen Religions-Parodie nennen sich "Pastafarians" und legen fleißig Zeugnis ab von ihren Überzeugungen.
Die fasste Henderson in einem offenen Brief an die Schulbehörde von Kansas zusammen:
"Ich und viele andere Menschen in aller Welt glauben fest daran, dass das Universum von einem fliegenden Spaghetti-Monster geschaffen wurde. Es war es, das alles geschaffen hat, was wir sehen und fühlen. Wir sind überzeugt, dass die überwältigenden wissenschaftlichen Beweise für einen Evolutionsprozess nichts als Zufall sind, die Es hinterlegt hat."
Henderson fühlt sich dabei nicht zuletzt durch den amtierenden US-Präsidenten George W. Bush unterstützt, der sich öffentlich zu "nicht evolutionären" Erklärungen der Schöpfung bekannt und sich, so Henderson, damit hinter die Lehren vom fliegenden Spaghetti-Monster gestellt habe.
Auch für die Fährnisse der modernen Welt hält FSM schlüssige, sogar empirisch zu untermauernde Erklärungsmuster bereit.
So kann Henderson, selbst ernannter Prophet des fliegenden Spaghetti-Monsters, sogar grafisch die Erklärung für den Klimawandel, Hurrikans, Erdbeben und andere Katastrophen leisten: All das liegt natürlich am Rückgang der Zahl der Piraten seit dem Jahre 1800.
So manchem mag all das schwachsinnig erscheinen, anderen wiederum quälend vertraut: Hendersons "Glaubensbekenntnis" zitiert keck die Überzeugungen der als "Kreationisten" bekannten Fundamentalchristen.
Die schicken sich seit einigen Jahren vor allem von den USA aus an, den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt der letzten 500 Jahre in Frage zu stellen - und das mit wachsendem Erfolg. Gestützt durch Gesetze zum Schutz von Religion und Minderheiten drücken sie in immer mehr Schulen ihre Sicht der Schöpfung in den Unterricht - und verdrängen die etablierte Evolutionslehre mitunter völlig.
Unter Druck geraten dabei immer mehr Lehrer und Fachwissenschaftler, die zunehmende Anfeindungen von Seiten der religiösen Rechten in den USA beklagen und sich nun nur allzu gern als begeisterte Anhänger der FSM-Lehre outen.
Hendersons E-Mail-Account quillt über vor zustimmenden Zuschriften ("150 am Tag!"), die seiner "Religion" die gleiche Berechtigung zusprechen wie den Positionen der Kreationisten. FSM gelingt so ein Kunststück von fast klassischem Zuschnitt: Der Humorlosigkeit der religiösen Hardliner begegnet er mit einer fast blasphemischen Satire, versetzt die christlichen Eiferer so in wütende Hyperventilation - und macht sie lächerlich.
FSM wächst rapide
Seit die Presse Anfang August auf Hendersons Webseite aufmerksam wurde, wird sein ursprünglich als sarkastischer Protest gemeinter FSM-Gag zum wahren Selbstläufer. Bekennende FSM-Jünger trinken aus Tassen, die mit Krakeleien von Henderson geschmückt sind. Auf ihnen sieht man die nudelige Knäuel-Gottheit gerade beim Berge-, Bäume- und Tiere-Schöpfen. Ins Kraut schießt derweil die Zahl der Poster- und T-Shirt-Motive, die zum Beispiel das aus "Akte X" bekannte "I want to believe!" mit liebevoll gemalten Motiven fliegender Spaghetti-Knäuel kombinieren.
Auch Henderson selbst beteiligt sich weiter an der Promotion seiner neuen Religion und hat das doch arg knappe Glaubensbekenntnis inzwischen um einige Details aufgebohrt.
Glaubenswilligen kann er inzwischen erklären, warum es sich ganz besonders lohnt, zum Pastafarian zu werden: Seine "Kirche" zeichne sich dadurch aus, nur über "schwächliche moralische Standards" zu verfügen. Dafür sei der FSM-Himmel viel besser als der der Konkurrenz: "Wir haben dort eine Stripper-Fabrik und einen Bier-Vulkan."
Und überhaupt sei bei den Anhängern von FSM ja jeder Freitag ein religiöser Festtag. Falls der Arbeitgeber oder die Schule das nicht akzeptieren sollte, solle man auf seine Rechte zur freien Ausübung der Religion bestehen und damit drohen, die American Civil Liberties Union anzurufen.
quelle: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,370849,00.html