gfc schrieb:
Die Todesstrafe ist weder gut, noch ist sie schlecht. Sie ist eine moralische Frage und eben die IST kulturell bedingt.
ich bin mir zwar nicht mehr sicher, ist ja auch schon lange her, aber: du bist doch christ? als solcher: gott hat das tötungsverbot formuliert und wie nitschegrasi schon so richtig sagt: todesstrafe equals fundamentaler verstoß gegen das tötungsverbot. als teil des decalogs ist die geltung des tötungsverbot nicht an kultur gebunden. und selbst wenn dem so wäre, auch der hier verhandelte staat gründet sich kulturell im christlich-jüdischen, wäre mithin also an das gebot gebunden. daran anschließend könnte man noch ausführungen zur sanktionierung der rache als einzig gott zustehend ("die rache ist mein") oder die verbindung der rache und der todsünde des zorns anhängen... gerade aus christlicher sicht ist (/sollte) die todesstrafe ein in religiösen dogmen gründendes tabu sein, das genau nicht irgendwie kultur-relativistisch verwässert werden kann.
so ich mich irre und religiöse argumente nicht zählen: s.u.
gfc schrieb:
Und auch wenn ich sie moralisch für unhaltbar halte, so kann ich nicht erwarten, dass dies per se auch für alle andere Menschen gilt.
natürlich kann ich das, das sollte ich sogar - das ist die bedingung der möglichkeit für so etwas wie einen diskurs. relativismus ist eine angenehme sache: er zwingt einen zu nichts und man ist immer irgendwie auch der richtigen seite. aber der relativismus nimmt dir auch jede möglichkeit zu irgend etwas einen standpunkt zu beziehen. und gerade angesichts so fundamentaler fragen, wie der nach dem recht auf leben und seine grenzen und wer die definitionsmacht darüber hat... gibt es eine frage in der ein standpunkt notwendiger ist als diese?
gfc schrieb:
Ich kann versuchen, meinen Standpunkt zu vertreten und den gegenüber von meiner Position zu überzeugen. Das war's aber schon.
vielleicht ist es ja nur mir aufgefallen, aber hier widersprichst du dich doch selbst. welchen sinn hätte es jemand anderes von deiner position zu überzeugen, wenn du nicht - wenigsten implizit - davon ausgehst, dass deine überzeugung richtig ist und die deines gegenübers falsch. wie gesagt: die voraussetzung für einen diskurs überhaupt ist, eine position inne zu haben die man argumentativ vertritt.
Und: "Das war's aber schon." - das ist genau der punkt. das war es nicht "schon", das ist es.
gfc schrieb:
@McGuiness: Du schreibst vom absoluten Recht am Leben. Sprich: keine Bauernopfer. Da kommst du aber zwangsläufig irgendwann ins Dilemma, denn durch die Absoluterklärung des Lebens hast du gleichzeitig das Todesurteil für andere Menschen unterschrieben. Traurig, aber fakt. Denn irgendwann kommt eine Situation, wo du mit 99% Wahrscheinlichkeit durch den Tod eines Einzelnen dutzende Andere retten könntest. Natürlich existiert keine 100%-ige Wahrscheinlichkeit, aber trotzdem ist das ganze eine difficile Angelegenheit.
das ist sophismus marke "gewissenstribunal". du konstruierst ein dilemma und wendest es mittels unzulässiger schlüsse auf das behandelte thema an. natürlich ist das dilemma nicht beantwortbar und ich würde mich hüten zu behaupten es wäre anders.
in der frage der todesstrafe existiert allerdings kein dilemma welches das recht auf leben brechen würde. ein staat tötet nicht um X andere leben zu retten, dies wäre auch ohne solche zu gewährleisten. (siehe: therapie, lebenslänglich, sicherheitsverwahrung)*** und so "difficil" wie das dilemma auch sein mag, im zusammenhang mit der todesstrafe hat es null erkenntnisbringenden wert.
im übrigen: das recht auf leben ist im eigentlich sinn kein recht. rechte werde verliehen, und rechte können genommen werden. was man gemeinhin "recht auf leben" nennt, nenne ich lieber "die totale unverfügbarkeit des menschen". das ist kein naturrrecht oder ein aus religiösen dogmen abgeleitete forderung, sondern ein ethisches prinzip das sich an die vernunft richtet. nachzulesen nicht zuletzt bei kant und seinen ZWEI imperativen.
diese unverfügbarkeit ist ein durch nichts brechbares prinzip. dass es gebrochen wird hebt nicht seine gültigkeit auf.
in eine kurze formel gebracht: ein mensch soll nicht töten, ein staat darf nicht töten...
gfc schrieb:
Übrigens ein letztes Statement von mir: Es gibt weitaus schlimmere Schicksale auf dieser Welt als den Tod.
zwei statements dazu von mir: darum ob es schlimmere schicksale gibt als den tod ging es hier nicht.
und: ob es schlimmere schicksale gibt als in einer todeszelle jahrelang die totale auslieferung und ohnmacht ertragen zu müssen und den eigenen tod immer aufs neue zeitlich terminiert vor augen zu haben... das zu beurteilen maße ich mich nicht an. sowohl im sinne des todeskandidaten als auch im sinne all derer die sonst ein schlimmes schicksal haben.
*** womit ich nicht behaupten will, diese lösungen seien auch absolut ohne problem und total in ordnung