Jessas, was war denn hier los. Ich freue mich zwar, da eine Diskussion angestoßen zu haben, aber bitte, liebe Leute, auch wenn das ein emotionales Thema ist: Überdenkt einmal gründlich den Umgang miteinander, auch und besonders in hitzigen Debatten.
Um das ganze mal ein bisschen zu ordnen: Augenscheinlich scheitere ich mittlerweile an der Durchführung eines banalen Dreisatzes. Sorry dafür
Ich habe vor allem das Gefühl, dass meiner Rechnerei hier geschuldet sein könnte, dass die "Quote" hier zu einem so großen Thema geworden ist. Ich will keinen Prozentsatz erfüllt haben, aber ich will dennoch, dass sich was ändert.
Ob weibliche Stimmen nun besser oder schlechter zu "harter" Musik passen ist zu allererst natürlich erst mal Geschmackssache. Auch wie man besagte harte Musik definiert macht die Debatte an der Stelle nicht einfacher. Dass Alissa White-Gluz (oder ihre Vorgängerin Angela Gossow) von Arch Enemy im Death Metal oder Onielar von Darkened Nocturn Slaughtercult und Bethlehem im Black Metal aber zeigen, dass man sich auch mit weiblichen Stimmen in einer Männerdomäne an die Speerspitze des Genres spielen kann, sollte an dieser Stelle trotzdem erwähnt werden. Ferner: Warum wird nur von Sängerinnen gesprochen? Gitarre, Bass, Keyboard und Schlagzeug spielt man nicht mit den Stimmbändern. Und da gibt es dann auch einfach kein Argument mehr, dass sowas wie die Stimmfarbe der Musik nicht angemessen ist, denn entweder man beherrscht ein Instrument dem Genre, das man verfolgen will, angemessen, oder eben nicht. Man hat als Mann nicht automatisch eine höhere Begabung für sowas.
Was man als Mann allerdings eher hat, und das ist viel weniger Vorwurf als simple Beobachtung, ist der Vorteil der Wahrnehmung. Man hat viel mehr Vorbilder, eben unter anderem auch, weil die Festivals "männlich" buchen. Keiner würde eine Veranlassung sehen, eine komplett männliche Band mit ihrem Geschlecht zu bewerben, eine komplett weibliche Band wird aber komplett exotisch behandelt und kein Pressetext kommt aus, ohne mindestens einmal von der All-Female (oder ähnliche Bezeichnungen) Band zu sprechen. Normalität und gesellschaftliche Akzeptanz entsteht nicht zuletzt durch sprachlichen Umgang mit Dingen. Aus diesem Grund legen Leute auch Wert aufs Gendern in der Sprache, aber das ist ja nochmal ein viel weiteres Thema. Schaut man sich an, wie oft ganz selbstverständlich in Artikeln über Frauen in einem vermeintlichen Männerberuf so Adjektive wie "hübsch", "schön" etc. auftauchen, Bezeichnungen, die man einem Mann in so einem Bericht einfach so nie geben würde, dann ist die Feststellung, dass man als Frau in vielen Bereichen nur aufgrund des Geschlechts wahrgenommen wird und nicht etwa aufgrund der Kompetenz, nicht so wahnsinnig weit hergeholt.
Dass es so wenige Künstler gibt, dass sich das Line-Up ständig wiederholen würde, ist natürlich auch nicht das beste Argument. In den ersten zwei, drei Zeilen mag das stimmen, aber ob da jetzt im unteren Drittel des Plakats nur Männer oder nur Frauen stehen ändert a) an der Zugkraft des Line-Ups mal überhaupt nichts und b) reden wir da von ~30 Bands. Wenn da ein Großteil weiblich ist, musst du pro Jahr um die 15 Acts hinstellen, die letztes Jahr nicht da waren. Das kann beileibe kein Hexenwerk sein. Gerade bei einem Festival wie Rock im Park, das eben kein reines Genre-Festival ist, sondern von der Death Metal Band bis zum Mainstream Popstar alles buchen kann. Ein Festival, bei dem wir als Stammgäste uns übrigens konstant beschweren, dass sowieso immer die selbe Suppe gebucht wird. Dazu brauchen die Veranstalter also offensichtlich nicht mal eine Frauenquote.
Ich will keine Frauenquote, aber ich will ein Bewusstsein dafür, dass man das als Veranstalter auch einfach anders handhaben könnte. Ich will, dass geile Mucke gebucht wird, aber ich will auch, dass die Realität abgebildet wird, und die ist, dass es so viele weibliche Musiker gibt, die eben jene geile Mucke machen, aber auf so einem Festivalplakat einfach nie auftauchen würden. Stattdessen wird in schöner Regelmäßigkeit die 187 Straßenbande mit ihren Frauenfreunden gebucht wird. Die werden genauso hofiert wie RIN oder Bausa, die stellenweise absolut besorgniserregende Standpunkte leben oder thematisieren. Sowas ist kacke, sowas geht mir auf den Sack, und da muss sich was ändern.
Man kann ruhig weiter glauben, dass das nur für ein paar SJWs in ihrer Filterblase relevant ist, man kann aber auch mal versuchen, Festivals genauso wie alles andere als kleines Abbild der Gesellschaft zu verstehen und zumindest mal versuchen zu respektieren, dass das für viele Menschen einfach eine andere Relevanz hat als für einen selbst. Und das haben, versteht mich nicht falsch, in dieser Diskussion sicher auch einige getan, die einen anderen Standpunkt vertreten als ich. Aber wenn man sich schon die Mühe macht, noch in einem Forum zu schreiben, dann sollte man die Standpunkte, die man vertritt, auch mit mehr als einem One-Liner verteidigen können und wollen. Auf beiden Seiten.