Hier mal mein Bericht vom Southside 2022 :)
Das Southside-Festival – das war Anfang der 10er-Jahre für mich immer die erfolgreichere Schwester von Rock im Park, die mit nem 1er-Abi Medizin studiert, während Rock im Park durch Gelegenheitsjobs gerade so die Miete zahlen kann. Kleiner Spoiler: in meinen Augen hat das Southside mittlerweile mindestens das Medizinstudium abgebrochen, um mal bei der Metapher zu bleiben
Anreise
Wir sind Donnerstag um 7 Uhr morgens mit dem Auto von München aus aufgebrochen. Der Sonderzug aus München wäre erst irgendwann nachmittags vor Ort angekommen. Das war uns definitiv zu spät, da der Campingplatz beim Southside früher immer sehr schnell voll war. Dank Feiertag sind wir ohne Berufsverkehr gut durchgekommen und standen pünktlich um 10 Uhr im obligatorischen Stau vor den Parkplätzen. Bis wir dann endlich unser Auto abstellen konnten, sind dann nochmal über 2 Stunden vergangen. Nervig, aber das war am Southside schon immer so.
Zwei Stunden Stop and Go – zwischenzeitlich zumindest mit Schatten
Auf den Parkplätzen am Green Camping sind wir dann professionell eingewiesen worden. Aufs Bändchen haben wir dank Fast Lane null Sekunden gewartet und auch die Gepäckkontrolle hat uns nur 1-2 Minuten gekostet. Das war alles am nördlichen Green-Camping-Eingang. Am südlichen standen unsere Zugfahrer dagegen 1-2 Stunden an. Da hatten wir also ein bisschen Glück.
Campingplatz allgemein (Grüner Wohnen)
Bei unserer Ankunft auf dem Grüner Wohnen war noch genug frei. Direkt am Eingang zu den Bühnen auf GW2 hatten Teile unserer Gruppe schon Platz freigehalten, wir hätten aber auch so unser Zelt noch untergebracht. Ein bisschen später war der Platz dann zwar überall gut gefüllt, einzelne Zelte hätten aber das ganze Wochenende noch dazwischen gepasst.
Der erfolgreiche Aufbau des Camps wurde erst einmal mit einer Runde Flunkyball gefeiert.
Auf dem normalen Campingplatz sah das allerdings anders aus. Wir haben am Donnerstag Nachmittag einen Ausflug dorthin gemacht und das erinnerte schon sehr an Massentierhaltung. Ich kann die Berichte von Leuten, die stundenlang über den Campingplatz gelaufen sind, ohne einen Platz zu finden und dann wieder abgereist sind, also durchaus nachvollziehen.
Sanitäre Anlagen Campingplatz
Die Dixis auf GW2 direkt am Eingang zu den Bühnen bei uns waren das ganze Wochenende ein Traum. Regelmäßig geleert und super sauber. Auch die Wassertoiletten auf GW2 waren in Ordnung und immer sehr sauber, allerdings war die Schlange hier gerade Vormittags oft recht lang. Großer Pluspunk: keine Trennung der Klos in Frauen und Männer und dadurch nicht noch längere Schlangen bei den Frauen.
Die Wasserstelle war gerade vormittags auch immer gut besucht, aber man musste nie sehr lange warten. Leider gab es nur gechlortes Trinkwasser. Das war ein bisschen ungeil und hat gefühlt auch meinem Hals nicht ganz so gefallen. Vielleicht war das aber auch nur Einbildung.
Duschen waren Einzelduschen. Bei den Frauen war die Schlange immer sehr lang. Bei den Männern habe ich einmal 10 Minuten gewartet, sonst konnte man meistens einfach reinlaufen und hat direkt eine freie Dusche bekommen. Hier könnte man in Zukunft über ein paar mehr Frauenduschen nachdenken. Die Duschtemperatur konnte man wie bei Rock im Park nicht einstellen, was gerade bei der Hitze am Wochenende sehr bitter war. Die Männerduschen auf GW2 waren viel zu warm. Das hat keine Abkühlung verschafft. Im Gegenteil: durch die kleine Einzeldusche stand man nach wenigen Sekunden duschen bereits in seinem eigenen kleinen Dampfbad und war direkt wieder am Schwitzen. Von anderen Duschen habe ich dagegen gehört, dass sie auf Eiswürfel-Temperatur waren. Gab also scheinbar nur Extreme
Insgesamt war unsere sanitäre Situation auf dem Campingplatz aber völlig in Ordnung. Da gibt es nicht viel zu meckern. Aber auch hier: was ich vom normalen Campingplatz gehört habe, hat sich teilweise katastrophal angehört (Stichwort überlaufende Dixis, die ewig nicht geleert werden, kaum Wasserstellen usw.).
Festivalshop
Das war ja im Vorfeld ein großes Thema, dass es keinen Aldi mehr geben wird. Stattdessen hat das Southside einen kleinen eigenen Shop auf die Beine gestellt. Die Auswahl war meiner Meinung nach ausreichend: Eiswürfel, Wasser, Softdrinks, Bier, Radler, dazu ein paar Snacks und ein paar Hygieneartikel. Das ist positiv anzumerken. Auch, dass man wirklich reingehen und die Produkte selbst aus dem Regal nehmen konnte war super. Ich hatte ja befürchtet, dass man so wie früher oft üblich an einem Tresen bestellen muss.
Leider haben sich allerdings die Befürchtungen bestätigt, dass es das Southside nicht schafft, regelmäßigen Nachschub aufrecht zu erhalten. Ab Tag 2 gab es nur noch unregelmäßig Eis, Wasser war wohl auch irgendwann ausverkauft. Ist natürlich bei über 30 Grad und scheinbar wenigen Wasserstellen auf dem normalen Campingplatz ziemlich übel.
Für uns Green Camper aber sowieso egal. Und damit kommen wir zu meinem Hauptkritikpunkt am Shop: wir sind vom Grüner Wohnen einfach nicht vernünftig auf die andere Seite gekommen. Da das Bühnengelände am Southside zwischen Grüner Wohnen und normalem Campingplatz liegt, gab es keinen direkten Fußweg zum Shop. Wir haben uns am Donnerstag Nachmittag trotzdem auf den Weg gemacht, da man ja dank Shuttle Bus "easy" auf die andere Seite kommen sollte. Erstmal wusste kein Security wo der Shuttle Bus abfährt. Generell wussten die Securities überhaupt nichts (aber dazu später mehr).
Als wir den Bus dann endlich gefunden hatten, mussten wir feststellen, dass er in etwa auf Höhe des Shops hält, es aber da leider keinen Eingang zum Campingplatz gibt. Stattdessen musste man nochmal ein gutes Stück zum Eingang laufen, nur um dann auf dem Campingplatz den ganzen Weg wieder zurückzulaufen. Auf dem Rückweg haben wir dann glücklicherweise einen Security belabert, dass er uns an einem Notausgang rauslässt, wodurch wir dann zu Fuß hinter den Bühnen vorbei innerhalb von 10 Minuten zurück an unserem Campingplatz waren (Hinweg mit dem Bus war ca. eine Stunde). Insgesamt waren wir inkl. Einkauf also ca. 1,5 Stunden unterwegs, ohne den netten Security wären es locker über 2 Stunden gewesen. Dementsprechend haben wir an den restlichen Tagen auf einen Ausflug zum Festivalshop verzichtet. Im Nachhinein auch eine gute Entscheidung, denn wir wären sowieso nur wegen den ständig ausverkauften Eiswürfeln und Wasser hin.
Verstehe nicht, wieso man da nicht einfach einen Weg um das Gelände rum einrichten kann. Würde sowohl Shuttlebusse als auch sehr viel Lebenszeit der Green Camper sparen.
Not macht erfinderisch: Calippo Cola vom mobilen Eisverkäufer als Eiswürfel-Alternative.
Hitzemanagement/Wasserversorgung
Die mangelnden Wasserstellen auf dem normalen Campingplatz habe ich ja schon angesprochen. An den Bühnen gab es aber ausreichend Möglichkeiten Trinkwasser aufzufüllen. Klar, manchmal musste man ein paar Minuten anstehen, aber das hielt sich wirklich in Grenzen. Einzige Kritik zu den Wasserstellen: Bodenplatten sind einfach Pflicht. So stand man irgendwann leider knöcheltief im Matsch beim Wasser holen bzw. wurden viele Wasserhähne einfach nicht mehr genutzt, weil der Durst noch nicht so groß war, dass man dafür komplett vermatschte Schuhe hingenommen hätte. Mit Bodenplatten wären die Anstehzeiten also noch einmal geringer gewesen.
Das Trinkwasser an den Wasserstellen war wie gesagt leider gechlort. Wenn man eine Alternative wollte, dann wurde es schon schwieriger mit der Wasserversorgung: Es gab 2-3 kleine Zelte, an denen Tetrapaks (später Becher) mit 0,5l Wasser für 1,50€ (später 1€) ausgegeben wurden. An sich eine gute Sache, die Schlangen waren aber zumindest gegen Ende des Wochenendes so lang und es ging so langsam voran, dass ich dann doch lieber beim Chlorwasser geblieben bin. An den Getränkeständen hat 1l Wasser 9€ gekostet. Das war also nur eine Alternative für den Notfall.
Ich verstehe außerdem nicht, warum man bei über 30 Grad kein Wasser in einem Festivalbecher vom Campingplatz aufs Bühnengelände nehmen darf. Wirklich eine Katastrophe, wenn man bei der Hitze massenhaft Leute am Eingang sieht, die ihr Wasser ausschütten müssen, um reinzukommen. Da hätte man die Profitgier auch mal zurückschrauben können.
Festivalgelände
Laufwege zwischen den Bühnen beim Southside natürlich unschlagbar. Das ist schon geil, wie flott das geht. Sound auch im Großen und Ganzen super, die Blue Stage war ab und an vielleicht sogar ein bisschen zu laut. Vor allem KIZ war übertrieben. Die hab ich am Campingplatz so laut gehört, als würde ich vor der Bühne stehen.
Ein- und Ausgang bei den Wellenbrechern war klar aufgeteilt: auf der einen Seite ging es rein, auf der anderen Seite raus. Das ist natürlich am Nachmittag ein bisschen nervig, wenn im Brecher nichts los ist und man trotzdem einmal außen herumlaufen muss. Aber dafür wurden gefährliche Situationen wie bei Rock im Park am ersten Wellenbrecher verhindert. Sehr gut.
Leider waren es aber insgesamt ein bisschen zu viele Leute für das Gelände. Am Donnerstag musste das Programm sogar für 1,5 Stunden unterbrochen werden, weil zu viele Leute auf dem Gelände waren. Das darf halt eigentlich nicht passieren. Einlassstop von mir aus, aber dass zu viele Leute vor den Bühnen sind und man dann einfach ohne Info stehen gelassen wird und es dann am Ende erst weitergeht, nachdem die Leute massenhaft den Heimweg auf den Campingplatz antreten, ist schon bitter.
Southside goes international: "If you don't understand the text above, please ask your neighbor."
Securities
Wie schon kurz erwähnt: die Leute hatten keine Ahnung. Daran ist natürlich größtenteils Corona schuld, aber es ist trotzdem nervig, wenn man auf einfachste Fragen keine Antwort bekommt. Bei manchen habe ich mich wirklich gefragt, warum sie überhaupt da sind. Die wussten nichts und haben noch dazu alle Leute durchlaufen lassen, die laut Bändchen eigentlich nicht durch durften
Am Freitag zur ersten Band waren die Kontrollen auf dem Grüner Wohnen für die geringe Anzahl an Securities viel zu gründlich.
Verstehe aber auch nicht, warum man als Veranstalter nicht ein kleines FAQ für Securities ausdrucken kann, in dem sie zumindest Dinge nachlesen können. Fragen wie „Wie geht’s zum Shuttlebus“ oder „Wann macht das Bühnengelände auf“ hätten so zumindest beantwortet werden können. Außerdem waren die Regeln auch überhaupt nicht einheitlich. Teilweise bin ich mit Longdrink im Becher aufs Bühnengelände gekommen, andere mussten Wasser vorher ausschütten. Mal wurde man abgetastet und musste sogar die Bauchtasche öffnen, mal durfte man einfach durchlaufen.
Nachtruhe auf dem Grüner Wohnen wurde auch nur so halb durchgesetzt. Ein Camp bei uns hatte eine Soundboks und hat jede Nacht bis mindestens 2 Uhr (manchmal auch länger) einen auf Partyzelt gemacht. Mir persönlich wars egal, ich war nicht wegen der Lautstärke auf dem Grüner Wohnen und habe selbst eine Nacht mitgefeiert. Aber als jemand, der auf Grüner Wohnen geht, um ruhig schlafen zu können, wäre ich mir glaube ich verarscht vorgekommen
Die allabendliche Party auf GW2 bis spät in die Nacht.
Gastronomie
Zu viele Leute für zu viele Stände. Habe selten so lange Schlangen bei so vielen Essenständen gleichzeitig gesehen. Die Stände, bei denen nicht so viel los war, waren dann auch wirklich nicht so gut. Habe mich das Wochenende hauptsächlich von Rührei, Pommes und Veggie-Burger vom Stand am Grüner Wohnen ernährt, weil da wenig los und das Essen einigermaßen ok war.
Preise ein bisschen höher als bei Rock im Park (Beispiel Käsespätzle ohne Speck: Rock im Park 7,70€, Southside 8,00€). Käsespätzle hatte ich einmal, leider war die Portion sehr pfeffrig. Nicht schlimm, aber bin sie besser gewohnt. Für Vegetarier war das Angebot gut, für Veganer gab es hingegen fast gar nichts. Das war ein bisschen schwach.
Der Spatzendealer freut sich auch auf dem Southside noch über unsere Auszeichnung.
An den Getränkeständen war auch meistens sehr viel los und es hat teilweise ewig gedauert, bis man dran war. Hier hat man auch deutlich gemerkt, dass die Leute hinter den Bars teilweise kaum bis keine Erfahrung in der Gastro haben (und teilweise auch überhaupt keinen Bock hatten). Jeder Handgriff langsam, manche haben nach jeder Bestellung drauf gewartet, bis die Getränke fertig eingeschenkt waren und haben sich in der Zwischenzeit unterhalten, statt schon einmal die nächste Bestellung aufzunehmen. Auch das Kopfrechnen fiel einigen schwerer, als man es von erfahrenen Gastro-Mitarbeiter:innen gewohnt ist.
Habe absolutes Verständnis dafür, dass nach Corona nicht alles rund läuft. Sind einfach nur meine Erfahrungen und vor Ort ist es natürlich trotzdem mühsam, wenn alles ewig dauert, vor allem weil man ja immer ein halbes Vermögen am Stand lässt. Wofür ich allerdings kein Verständnis habe, ist, dass ständig alles aus war, teilweise schon am frühen Nachmittag. Mal gab es keinen Wein für die Weinschorle, mal war ein Softdrink leer. Einmal habe ich einen Aperol Spritz bestellt und danach feststellen müssen, dass einfach kein Prosecco/Sekt mit drin war (weil vermutlich aus) sondern einfach nur mit stillem Wasser aufgefüllt wurde. Das hat dann auch nichts mehr mit fehlender Erfahrung zu tun.
Lobend erwähnen möchte ich noch den 28Black-Stand an der Green Stage. Leckere Cocktails und kompetentes Barpersonal, das zudem noch mega freundlich war. Dadurch konnte ich die normalen Getränkestände einige Male meiden.
Bands
Line Up war für mich persönlich nicht der Hit, objektiv waren auch die Headliner nicht der Oberwahnsinn, aber insgesamt war es wieder ein Line-Up, das Spaß gemacht hat. Die große Genre-Vielfalt ist erfrischend und auch in Sachen Diversität ist das im Vergleich zu RiP deutlich besser gewesen.
Top 3
Audio88 & Yassin: Schöner Start ins Festival für mich, gehen live immer gut ab, auch diesmal.
Seeed: Hatte ich bisher einmal vor über 10 Jahren live gesehen. Damals war ich ein wenig enttäuscht, wollte ihnen aber noch einmal eine Chance geben. Zurecht, wie sich herausgestellt hat. War ein richtig geiles Konzert, Stimmung im Publikum auch im 2. Brecher top.
Millencolin/While She Sleeps: Samstag Nachmittag musste ich dann endlich Mal ein bisschen „meine“ Musik hören. Auf dem Southside hats für beide Bands nur für die 3. Bühne gereicht. Die Stimmung war aber trotzdem wunderbar und ich hatte viel Spaß :)
Flops gab es bei den von mir angeschauten Bands keine.
Ein schöner Start ins Wochenende: Audio88 & Yassin
Abreise
Haben Sonntag Abend schon eine erste Fuhre ins Auto gebracht und sind dann nach ein paar zusätzlichen Stunden Schlaf so um 5:30 Uhr aufgebrochen. Zu dem Zeitpunkt quasi keine Ordner:innen mehr auf dem Parkplatz, aber war auch nicht viel los. Heimfahrt war dann entspannt.
Fazit
Es war ein sehr schönes Wochenende und nach dem Abbruch 2016 habe ich jetzt auf jeden Fall positivere Erinnerungen an mein zuletzt besuchtes Southside
Die Orga hatte leider einige Schwächen, teilweise wegen Corona, teilweise hätte man es aber sicher besser lösen können. Bin gespannt ob man im nächsten Jahr daraus lernt. Ob mich das Southside nochmal wiedersieht, wird vermutlich das Line-Up entscheiden. Wenn das passt kann ich mir ein Wochenende auf dem Grüner Wohnen in Neuhausen ob Eck durchaus noch einmal vorstellen :)