Ich wollte eigentlich auch schon längst was hierzu geschrieben haben. Macht auch irgendwie mehr Spaß als Masterarbeit schreiben.
Ich sags ja immer gerne, wenn auf dem Breeze mal was nicht funktioniert, dann kann man davon ausgehen, dass es dafür im folgenden Jahr eine Lösung gibt. Nachdem letztes Jahr wenige Wochen nach Wacken zu vielen Leuten die Angst im Nacken saß, war es mit der Anreise ein großes Elend. Das Slotbuchungssystem, das man sich als Antwort darauf für dieses Jahr überlegt hatte, war nicht frei von Kinderkrankheiten und kann sicherlich optimiert werden, hat aber zumindest am Dienstag für die entspannteste Anreise, die ich da je hatte, gesorgt. Wo die Probleme am Mittwoch lagen, kann ich nicht sagen, aber für die persönliche Erfahrung gibts zwei Daumen nach oben.
Wetter ist halt immer so ne Sache. Dafür, dass man sich im August mittlerweile fühlt wie auf einem Strafplaneten, kann das Festival nichts. Dass es im Infield mit Schattenplätzen bei den Bühnen nicht allzu weit her ist, schon. Das war schon mal besser, bevor die Soundtürme verschlankt worden sind (was seinerseits natürlich wieder andere Vorteile bietet). Da gibts Potential nach oben. Generell bin ich immer mehr überzeugt davon, dass August Festivals ohnehin ein Ablaufdatum haben, zu unkalkulierbar sind die Wetterextreme. Wenn man sich anschaut, wie es da mehrmals außenrum geleuchtet hat, hatten wir aber trotz 30 Grad und mehr massives Glück, und das schon das zweite Jahr in Folge. Ich habe ein wenig Angst davor, wie es einmal aussehen wird, wenn sich dieser Schuh auch einmal auf dem Festivalgelände senken sollte, aber das sind ungelegte Eier, die bestenfalls nie ihren Weg aus dem Hühnerar- nun ja, ihr wisst schon.
Sanitärsituation auf dem Campingplatz kann ich nur anhand der Dixis beurteilen, da ich für Shit & Shower Flat zu geizig und ekelhaft war. Allerdings sind mir ein paar Wehwehchen bzgl. der Flatrate und der Nutzung der erstmalig im Bändchen verbauten Chips zu Ohren gekommen. Da hats wohl noch hier und da gezwickt. Die Dixis waren sauberer als auf einer fünftägigen Großveranstaltung vorausgesetzt werden kann, und mMn auch ausreichend vorhanden. Kompletter Luxus sind natürlich die gratis Spülklos an vier Orten aufm Infield, wenn ich nicht gar noch welche unterschlage. Zu Stoßzeiten natürlich mit Wartezeit verbunden, aber dafür jederzeit mit ausreichend Personal besetzt, so dass teilweise in jede gerade frei gewordene Kabine kurz geschaut und mit Klobürste Lufterfrischer schlimmste Schäden der gerade dort ausgetragenen Schlacht beseitigt worden ist. Würde man sich von jedem Festival in der Form wünschen.
Camping allgemein; ist ja immer die Frage, wie viel Glück man mit den Nachbarcamps hat. Das war dieses Jahr zum Glück sehr angenehm. Nochmal eins mit einmal stündlich Mehnersmoos und ihr hättet aber auch auf Bild Seite 1 von meinen Taten gelesen. Ansonsten bin ich, wenn ich mir anschaue, wie der Platz aufgeteilt wird, mehr denn je um die reservierte Fläche froh. Das Vorkaufsrecht, das man als treuer Kunde da hat, begünstigt dabei natürlich klar. Wäre ich Neuling und müsste am Arsch der Welt campen, würde mir das auf den Sack gehen. So bin ich Nutznießer und verliere kein schlimmes Wort darüber. Irgendwas mit Lumpenpazifismus.
Verpflegung im Infield ist natürlich so ne Sache. Gibt Preisentwicklungen, für die kann am Schluss niemand was. Für mich als Endverbraucher trotzdem eine Preislage, wo ich mir am Tag einmal was zum Essen an den Bühnen gönne, aber eben nicht mehr wie früher zweimal. Die Auswahl war gut, gerade auch für mich als Veganer gab es so viel zu probieren, dass ich gar nicht alles mitnehmen konnte, worauf ich Lust gehabt hätte. Dass ich so doof war, vor den Bühnen Cocktails zu trinken, ist im Endeffekt einer aus der Kategorie selbst schuld. Nach vier Cocktails in doch eher kurzer Zeit nicht annähernd angezündet zu sein spricht nicht für großzügige Mischverhältnisse, aber wenn man ehrlich ist, sind Cocktailstände im Infield auf den meisten Festivals als Geldverschwendung bekannt. Schön ists trotzdem nicht. Positiv: Keine mobilen Verkäufer*innen mit Bauchladen mehr. Da hat das Bier ja geschmeckt wie ausgepisst. Ich könnte aber tatsächlich gar nicht mehr sagen, ob es dafür wieder welche mit Rucksack gab, oder ob man das einfach komplett eingestampft hat. Wenn ja wars zumindest für mich kein schmerzlicher Verlust, da der nächste Getränkestand, wenn man nicht gerade erste Reihe Headliner stand, immer recht fix zu erreichen war.
Musikalisch habe ich, obwohl ich mir in der Nachmittagshitze nahezu alle unter Vielleicht verbuchten Bands gespart habe, so viele Bands wie seit einigen Jahren nicht mehr gesehen. 25 warens am Schluss glaube ich. Immens schade, dass Gutalax ihren Überraschungsauftritt nicht umsetzen konnten, weil ihnen die Karre verreckt ist. Das wär ein herrliches Spektakel auf der Ficken Stage (oder wie die jetzt halt heißt) geworden. Besonders im Gedächtnis geblieben sind die Auftritte von
Brutal Sphincter, die als Methadon für die jährliche Gutalax Eskalation ausgesprochen gut funktioniert haben und dabei mit bspw. Ansagen gegen die AfD und Mosh Pits nur für Frauen auch erfreulich viel Haltung gezeigt haben;
Cult of Fire, die ich schon ein paar Monate vorher im Backstage gesehen hatte, die mich aber unerwarteterweise Open Air diesmal noch mehr in ihren Bann gezogen haben und damit der perfekte Festivalabschluss waren;
Dark Tranquillity, die einfach immer ein emotionales Highlight sind (und wo ich mir bis ans Lebensende in den Arsch beißen werde, die kurzerhand zum Klassikerset umgewandelte Q&A Runde verpasst zu haben);
Enslaved, die ich noch nie so gut und vor allem mit so tollem Sound gesehen habe;
Myrkur, die mit einem großartigen neuen Album im Rücken auf einem vollkommen anderen Level unterwegs war als ein paar Jahre zuvor als Support für Amenra; und
Tilintentgjort, die so gut waren, dass nicht mal mehr die Nachmittagssonne groß gestört hat. Enttäuschungen waren nicht direkt dabei. Dass ich mit
Rotting Christ (mit der griechischen BM Spielart allgemein) nicht viel anfangen kann, wusste ich vorher schon, von daher hat mich der Auftritt, den ich dann aus Neugier mitgenommen habe, auch nur bestätigt.
Was bleibt als Fazit? Ich freu mich auf nächstes Jahr. Einige der bereits angekündigten Bands machen bereits große Lust, und mittlerweile weiß man auch, dass man in einem persönlich schwachen Jahr was das Line Up angeht immer eine hervorragende Zeit auf einem toll organisierten Festival haben wird; allein schon durch das wie immer herzige Camp.
Ansonsten haben wir einen kleinen Gaskocherunfall, der uns mit Pech einfach straight up getötet hätte, heil und um eine Anekdote reicher überstanden, was will man mehr