Tages-Anzeiger vom 14.05.2004
«Meine Karriere beginnt erst jetzt»
Dass es die Schweiz am Eurovision Song Contest nicht in den Final geschafft hat, erklärt Sänger Piero mit der Schweizer Politik.
Mit Piero Esteriore sprach Susanna Ellner
Die Schweiz hat am Halbfinal in Istanbul mit 0 Punkten von allen 22 Ländern am schlechtesten abgeschnitten. Weshalb?
Dass wir so schlecht abgeschnitten haben, kann ich gar nicht ernst nehmen. Wir wurden die ganze Woche über gelobt, der Song hätte ein Sommerhit werden können. Ausländische Reporter hatten gar Tränen in den Augen, weil wir als junge und frische Gruppe mit einer perfekten Performance keinen einzigen Punkt erhalten haben.
Lag es nicht am zu simpel gestrickten Lied «Celebrate»?
Ich fand den Song nicht schlecht. Der grösste Fehler lag wohl beim Outfit. Wir waren so verschiedenfarbig angezogen, dass dadurch die ganze Choreografie bachab ging. Das Zuschauerauge wusste gar nicht mehr, wo hingucken.
Du wirktest auf der Bühne recht angespannt. Was war der Grund?
Das gehörte zum Aufbau der Performance. Ich bin ein Entertainer und darf deshalb auch einmal etwas streng und arrogant in die Kamera blicken. Zugegeben, das Lied entsprach nicht unbedingt meinem Musikstil.
Den Final wirst du am Samstag von der Zuschauertribüne aus verfolgen. Mit welchen Gefühlen?
Logisch ist man enttäuscht, nicht selber auf der Bühne stehen zu können. Aber wir können nichts dafür, man kann niemandem die Schuld geben. Wenn die Schweiz wieder beim Eurovision Song Contest dabei sein will, muss sie etwas unternehmen.
Was und inwiefern?
Es kann doch nicht sein, dass die Schweiz an der Eurovision andauernd derart schlecht abschneidet. Das kann nicht nur an den Künstlern liegen. Die Schweiz muss sich ändern. Dies meine ich auch politisch. Das Land muss sich gegenüber der EU öffnen, ansonsten fühlt man sich hier am Contest als Aussenseiter. Wenn die Schweiz nichts in dieser Richtung unternehmen will, dann soll sie eine Teilnahme lieber bleiben lassen.
Ist mit dem ernüchternden Eurovisions-Auftritt nun auch deine musikalische Karriere beendet?
Im Gegenteil, die beginnt erst. Zur Teilnahme an der Eurovision bin ich nur durch Zufall als «MusicStar»-Teilnehmer gekommen. Ich habe mein Bestes gegeben. Nun werde ich vorwärts schauen.
Statt deiner Musik sorgten in den vergangenen Wochen eher deine Schulden für Schlagzeilen.
Ich habe inzwischen einen Buchhalter, der mich betreut. Gemeinsam gehen wir Schritt für Schritt durch. Und überhaupt: Wer hat schon keine Schulden? Ich war ehrlich und stehe dazu.
Kannst du dir das Leben als MusicStar finanziell weiterhin leisten?
Nein. Wenn ich aus Istanbul in die Schweiz zurückkomme, muss Bewegung in die Sache kommen. Wenn nicht, gehe ich als gelernter Coiffeur wieder Haare schneiden, um genug Geld zu verdienen.