Nun, da ich 8 von 10 Oscar-Kandidaten in der Kategorie „Bester Film“ gesehen habe, ein kleines Resümee, bevor die Verleihung in zehn Tagen über die Bühne geht.
Zuerst zu den Filmen, die ich nicht gesehen habe, weil mich Trailer bzw. Plot nicht mitgerissen haben, aber natürlich trotzdem supertoll sein können, was ich aber nicht glaube:
Belfast: Sieht nach einem Coming-of-Age-Nostalgie-Flick aus der Sicht eines Kindes in einem britischen Provinznest vor einem sozialpolitischen Hintergrund aus, aber ich rieche da viel unangenehmen Hollywood-Wohlfühl-Kitsch heraus.
King Richard: Mit Will Smith werde ich irgendwie nicht mehr warm, dazu kommt ein wenig inspirierend wirkendes und sicherlich vorhersehbares Against-all-odds-Sportdrama.
Nun zu den mehr oder weniger unnötigen Remakes, die ich nur gesehen habe, weil sie schon streamable waren:
West Side Story: alles in allem schön anzusehen, die Darsteller waren mir aber zu glatt, ganz nett immerhin das Wiedersehen mit Rita Moreno, die schon in der Verfilmung von 1961 mitgewirkt hat. Aber warum mache ich ein Remake von einem Film, der seinerzeit schon 10 Oscars gewonnen hat? Dazu kommt, dass ich kein Freund von Musicals bin.
Nightmare Alley: Hier schien es schon mehr Sinn gemacht zu haben, eine Neuverfilmung anzuleihern, ist das Original „Der Scharlatan“ von 1947 doch nur unter Cineasten bekannt. Klar sind die Visuals in del Toros Fassung besser, doch tut die lange Laufzeit dem Film nicht gut, da fand ich das Original geradliniger und dramaturgisch besser umgesetzt. Aber wahrscheinlich findet man eh immer die Version am besten, die man zuerst gesehen hat.
Nun zu den Filmen, in die ich große Hoffnungen gesetzt habe, die mich aber letztlich enttäuscht haben:
Don’t Look Up: üppiger Starcast, ein Komet stürzt auf die Erde, Analogien zur Ignoranz gegenüber dem Klimawandel. Das hätte groß werden können. Wurde es aber leider nicht. Der Film ist voller uncharismatischer Figuren (DiCaprio und Chalamet sind komplett verschwendet), vergeblich lustig sein wollenden Gags und auch visuell nicht immer unbedingt überzeugend: da wurde anscheinend der größte Teil des Budgets in Gagen gesteckt als in ein ausgefeiltes Drehbuch.
Licorice Pizza: ich wollte den Film wirklich mögen, aber mir ist nach langen 2h kein Grund eingefallen, warum ich es tun sollte. Außer vielleicht Alana Haim, der einzige Lichtblick dieses Films, aber die Handlungen ihres Charakters sind so wenig nachvollziehbar wie überhaupt die Beziehung zu ihrem unsympathischen Filmpartner (der zehn Jahre jünger sein soll, aber tatsächlich älter aussieht). Und dann noch diese unsäglichen und unnötigen Nebenrollen von Sean Penn und Bradley Cooper, Schauspielern, die ich eigentlich sehr schätze.
Drive My Car: lange Filme machen mir nichts aus, auch wenn nicht viel passiert. Drive My Car beginnt wirklich gut, flacht dann aber mit der Zeit immer mehr ab und wird repetitiv. Ich schätze den philosophischen Ansatz und auch den Einsatz der Zeichensprache, aber für 3h Laufzeit ist das irgendwie zu wenig, um die Konzentration und das Interesse hochzuhalten, zudem wird man am Ende auch nicht wirklich mit etwas Bissfestem belohnt, dass einen länger über den Film nachdenken lässt.
Und nun zu den Filmen, denen ich den Oscar noch am ehesten gönnen würde, aber alles in allem war 2021 doch zugegeben eher ein schwächeres Filmjahr:
Dune: So richtig warm bin ich mit dem Wüstenplanet noch nie geworden, weder in Buch- noch in Filmform (Lynchs Version von 1984), doch Villeneuve hat da bisher das beste aus dem Stoff herausgeholt; skandalös, dass er nicht als bester Regisseur nominiert wurde. Hervorzuheben sind natürlich die Visuals und Hans Zimmers Filmmusik, aber auch Timothee Chalamet als Paul Atreides.
The Power of the Dog: Interessantes Kammerspiel mit hervorragenden Darstellern (allesamt zurecht nominiert: Benedict Cumberbatch, Kodi Smit-McPhee, Jesse Plemons, Kirsten Dunst), wunderbar fotografiert. Zum Ende hin scheint die klare Linie etwas abhanden zu kommen, doch wird man mit einem netten Plot-Twist am Ende belohnt. Eine echte Perle.
Coda: eigentlich eine ziemlich konventionelle Geschichte über eine gesellschaftliche Außenseiterin, die aber ein verstecktes Talent hat, das von einem Förderer entdeckt und zur Perfektion gebracht wird. Nur ist die Hauptfigur hauptsächlich Außenseiterin wegen ihrer taubstummen Familie, der sie ständig helfen muss, da sie als einziges Familienmitglied hören und sprechen kann. Und die ihren Träumen, auf ein Musikcollege zu gehen, im Weg steht. Ja, die Geschichte ist sicherlich vorhersehbar, hat aber viel Herz, und die Darsteller sind alle sehr sympathisch, hervorzuheben Troy Kotsur als Vater.