Landeskirchen: Mitgliederschwund

gfc

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Vor einigen Tagen erschien in der Schweizer Presse mal wieder Artikel bezüglich Mitgliederschwund von Landeskirchen, u.a. swissinfo - Landeskirchen: Immer weniger Mitglieder und akuter Priestermangel

In der Schweiz treten immer mehr Menschen aus den Kirchen aus. In der Schweiz alleine Attraktiv, weil man massiv weniger Steuern zahlen muss nach dem Austritt. Aber trotzdem, dass alleine kann es nicht erklären. Ich kann mir zwar die Gründe für die Austritte mehr als genug denken, aber Facts dazu, die kenn ich nicht. Meist ist es wohl damit begründet, dass man nicht einverstanden mit den teils sehr konservativen Ansichten der Landeskirchen ist.

Die Freikirchen - sprich unabhängigen Kirchen - erleben dagegen einen Boom. Und es gibt Anzeichen, dass es sehr viele bekennende Christen gibt, die keiner Kirche angehören und dies auch nicht vorhaben. Sprich: Eine Abnahme der Anzahl "Gläubiger" scheint es nicht zu geben, eher passiert schlicht und ergreifend die Kirchenflucht..

Das ist das, was ich ein wenig sehe. Ich selbst bin Christ, nenn mich so, aber mich bringen keine 10 Pferde in der nächsten Zeit wieder in eine Kirche, weder Landeskirche oder Freikirche.

Jetzt meine Fragen: Wie sieht das bei euch aus? Wie siehts allgemein in Deutschland aus? Erlebt ihr dasselbe, was ich hier in der Schweiz beobachte?
 

maxibt

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Hab jetzt keine aussagekräftigen Statistiken zur Hand (und bin zu faul zum Suchen :p ), aber ich kenne einige Leute, die aus der Kirche ausgetreten sind. Das dann aber meist zum Steuernsparen, teilweise aber auch weil man sich nicht (mehr) mit den Ansichten des (Beispiel) Papsts identifizieren kann oder will. Meiner Meinung nach kann ich auch für den Papst sein ohne Katholik zu sein (bin ich nicht, "Gott bewahre" (lol)), gleichermaßen kann man IMHO Mitglied in der Kirche sein und trotzdem die Ansichten des Herrn Benedikt nicht teilen. Dann find ich austreten aber wirklich sinnvoller, denn warum soll man den Leuten auch noch sein Geld hinterherwerfen, damit sich der gute Mann seinen gehobenen Lebensstandard finanzieren kann...
 

McGuinness

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Also bei uns in der Stadt ist das ziemlich abhängig von der jeweiligen Gemeinde. Zumindest bei uns Evangelen. Da gibts eine, aus der wird massenhaft ausgetreten, weil sie einfach in allen Beziehungen lahmarschig ist, und dann ist da unsere (:mrgreen:), die langsam aber sicher weiter wächst, weil sie einfach sehr aktiv ist.
Freikirchen gibts bei uns afaik gar nicht soviele. Haben hier jetzt vor ner Woche oder so ihr erstes Gotteshaus fertiggebaut, ich bin gespannt, was die so alles auf die Beine stellen.
 
G

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was mich viel mehr bewegt als irgendwelche anonymen statistiken über anonyme in listen eingetragene menschen, denen ich eh nie begegnen werde, ist die sache mit dem image. wenn man sagt: "ich gehe zur kirche" hat man sofort diverse attribute, ja teilweise schon vorurteile am hals. das liegt natürlich zum einen daran, dass die kirchen selbst nicht das sind, was der nicht-durchschnitts-sondern-reflektiert-gläubige gerne damit assoziieren würde, sondern in der tat zumeist eine ansammlung von menschen, die langweilige, immer gleiche gebets- und alltagsriten vollziehen und sich an regeln zum zusammenleben orientierten. was aber auch nicht wirklich schlecht ist, weil die sonst nicht/schlechter klarkommen würden. aber vom tiefen "geheimnis des glaubens" oder ner gotteserfahrung haben die meisten wohl wenig plan. das schlimme ist, dass dann die aktiven in der kirche meist nicht die hellsten sind, was dann wieder andere, die enorm wichtig wären, abschreckt.
mir persönlich geht es so, dass ich noch versuche, sonntäglich in ne kirche zu latschen und während der 35 minuten etwa 5 minuten aufpasse. drumherum denk ich einfach nur nach und lasse wirken und schau was passiert. klingt komisch, aber in der kirche habe ich ein paar der stärkendsten momente meines lebens erlebt. ich hätte gerne mehr gleichgesinnte, aber die suche funktioniert schlecht, weil die attribute, nach denen man sucht, immer zu irgendwelchen hippies, schlimmstenfalls der jugend2000 führen.

und ja, es werden immer weniger.
 

gfc

Schönwetter Camping-Prophet
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Jugend2000? Das sind aber nicht dieselben wie SoulSaver oder?

Aber ich kenn deinen Punkt Fox. Nur zu gut. Reflexionen beissen sich halt oft mit Dogmen. Und viele Menschen verlieren einen Teil ihrer Identifikation, wenn man ihre Dogmen in Frage stellt, was wiederum dazu führt, dass halt gar keine Diskussion darüber möglich ist..
 

juster

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Das ist grundsätzlich eine sehr, sehr schwierige Diskussion. Bei uns sind "Freikirchen" überhaupt nicht vorhanden, zumindest ist mir keine bekannt. Der Priestermangel ist hingegen deutlich zu spüren und auch nicht zu übersehen. Früher hatte jedes 500 Seelen-Dorf seinen eigenen Pfarrer. Heute hingegen werden meistens schon mehrere Gemeinden (auch größere) von einem Pfarrer und ein paar Diakonen, bzw. Pfarrer im Ruhestand "geleitet". Bei uns ist der Kirchenbesuch in den letzten Jahren stark zurück gegangen, seit wir einen neuen Seelsorger haben. Das Problem mit Ihm ist relativ einfach: Er ist zwar jung, aber interressiert sich (fast) nicht für das "weltliche Leben", nimmt daran überhaupt nicht teil. Dies ist aber vor allem bei uns auf dem Land den Menschen sehr wichtg.
Zum Abschluß möchte ich noch die Vermutung aufstellen, daß wir alle noch erleben werden, daß das Zöllibat fällt.
 

McGuinness

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In der katholischen Kirche? Never ever. Außer die nächsten 2 Päpste sind das Liberalste, was die Katholiken zu bieten haben.

Aber das mit dem Mangel an Pfarrern haben wir auch. Und nicht nur Pfarrer, auch Hauptamtliche für die Jugendarbeit, also Religionspädagogen fehlen.
 

gfc

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Bei uns ist der Kirchenbesuch in den letzten Jahren stark zurück gegangen, seit wir einen neuen Seelsorger haben. Das Problem mit Ihm ist relativ einfach: Er ist zwar jung, aber interressiert sich (fast) nicht für das "weltliche Leben", nimmt daran überhaupt nicht teil. Dies ist aber vor allem bei uns auf dem Land den Menschen sehr wichtg.

Die Beobachtung hab ich auch gemacht. Liegt aber daran, dass die Ausbildung in Rom immer konservativer wird. Wer nicht treu auf der Linie des Vatikans spurt, wird da nicht alt.

Zum Abschluß möchte ich noch die Vermutung aufstellen, daß wir alle noch erleben werden, daß das Zöllibat fällt.

Das passt eben noch zum obigen. Ehrlich gesagt glaube ich nicht daran, im Gegenteil! Der Vatikan entfernt sich heute wieder vermehrt vom Volk, die konservativen Kräfte werden stärker und stärker.

Du hast doch sicher mitbekommen, dass neu der Papst die Messe wieder teilweise mit dem Rücken zum Volk liest. Ich geb dir meine Prognose, dass er Sie bald wieder auf Latein hält.

Was wohl über kurz oder lang dazu führt, dass die Führung sich noch weiter von der Basis entfernt und so die Kirche als ganzes weiter marginalisiert wird...
 

juster

Dagobert Duck
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@mcguinness und gfc

Ich denke nicht, daß es so weiter gehen wird. Der jetzige Papst Benedikt wird doch auch nur als "Übergangspapst" von den Experten gesehen. Dies wurde doch auch bei seiner Wahl von mehreren Unabhängigen so verkündet.
Die Kirche kann es sich überhaupt auf die Dauer nicht leisten sich noch weiter von den Menschen zu entfremden. Ich gebe euch recht, daß es momentan so aussieht als ob die konservativen stärker und stärker werden.
Dennoch glaube ich, daß sich die Reformer auch verstärken.
Wie gesagt, ich glaube daß wir alle noch erleben werden, daß das Zöllibat fällt. Daß dies unter der heutigen Führung nicht passieren wird, dessen bin ich mir auch bewusst.

Aber dennoch glaube ich, wird es keine 25 Jahre mehr dauern.
 

Dickie

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also für mich spielt des gar keine Rolle ob Katholisch oder Evangelisch.
Ich selbst bin Katholisch, geh nicht oft, da bei uns in der Gemeinde en Pfarrer ist, der total konservativ ist, seit der da ist, ist die Kirche mindestens 30% leerer.
Der labert eigentlich nur mist in der Kirche find ich, über Sünde und Buße und son zeugs, passt i-wie überhaupt nicht mehr in unsere Zeit.

Im Nachbarort ist allerdings ein sehr guter Pfarrer,(Pfr. Boom. kennt vll. jemand aus der Presse, hat mal bei ner Nazidemo die Glocken leuten lassen und war deswegen vor Gericht), bei dem macht´s wenigstens Spass zuzuhören^^
 

the_Clarence

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bei uns gibts schon so freikirchliche, oder wie die heißen... sind sogar relativ viele mit dabei.
Ich persönlich gehe in meinem Ort (fast) überhaupt nicht mehr in die Kirche, weil unser Pfarrer ein Inder is, dem die Leute scheißegal sind. Beispiel: Beerdigungen am Montag macht er grundsätzlich nicht, weil da sein "freier Tag" ist. meiner Meinung nach ein frechheit. Als Seelsorger hat man für die Leute im Notfall auch dazusein, auch wenn man Montags normalerweise frei hat. Die Kirche ist auch dementsprechend leer.
Wenn ich in die Kirche geh, dann in der Nachbargemeinde von Zeit zu Zeit. Dort gehn irgendwie auch die Jugendlichen, der Pfarrer ist sehr umgänglich, und redet in der Kirche auch über Weltliche Dinge, und bringt einem auch zum Nachdenken.
Früher ging ich noch lieber in die Kirche. Da hatten wir einen Pfarrer, der sich auch mal bei Jugendfesten sehen hat lassen, obwohl er um die 60 schon war. Er wusste um was im Leben der Menschen geht (hatte selber ein paar Kinder ^^) und kam eifach gut an. Leider ist er vor ein paar Jahren an den folgen des rauchens gestorben.

@Fox: mit den gedanken und sowas versteh ich dich absolut. Wann sonst nimmt man sich noch die Zeit, einfach mal a halbe stunde oder sowas abzuschalten? Und die ständig gleichen Rituale die in der Kirche herrschen haben auf Dauer auch irgendwie etwas meditatives, meiner Meinung nach.
 

maxibt

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(Pfr. Boom. kennt vll. jemand aus der Presse, hat mal bei ner Nazidemo die Glocken leuten lassen und war deswegen vor Gericht), bei dem macht´s wenigstens Spass zuzuhören^^

Der is cool! Hab den mal im Fernsehn gesehn :)
 

gfc

Schönwetter Camping-Prophet
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über Sünde und Buße und son zeugs, passt i-wie überhaupt nicht mehr in unsere Zeit.

Ich halte das "Zeug" wichtiger denn je.

Schau dich mal um, heute wird der Ego-Trip propagiert an allen Ecken. "Verwirkliche dich selbst", "Spass ohne Grenzen", etc. etc. Das führt dazu, dass niemand mehr die Verantwortung für seine Taten übernehmen will, geschweigen denn sich interessiert, wie es dem Links oder Rechts von einem gerade geht. Im Gegenteil, man will seine Freiheit maximieren, scheiss egal, ob man damit diejenigen eines anderen dadurch minimiert. "Hauptsache es macht Spass".

Mag sein, dass dein Pfarrer das auf eine nicht besonders interessante Weise aufbereitet, aber im Kern der Sache geht es darum, dass man seine Wünsche / Ziele / Bedürfnisse denen der anderen Menschen unterordnet, nicht überordnet.
 
G

Gelöschte Mitglieder 9424

Der labert eigentlich nur mist in der Kirche find ich, über Sünde und Buße und son zeugs, passt i-wie überhaupt nicht mehr in unsere Zeit.

du hast recht, wenn du dich auf die form beziehst. der inhalt ist heutzutage um so wichtiger. ein beispiel dafür: ich war letztes jahr auf der loveparade. da war nix mit liebe. die heutigen jungen menschen (die dann später wieder kinder haben und bla) haben halt so gut wie gar keine werte mehr ausser sich selbst, vor allem die dummen. deswegen ist es um so wichtiger, diese werte nicht unbedingt trendgemäß, aber doch annehmbar und einfach/wirkungsvoll zu pushen/predigen/verbreiten.
 

Rocksack

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Ich denke mann braucht keine Kirche an Gott zu glauben.

ganz meine Meinung! Mittlerweile hab ich mich auch schon fast ganz von der Kirche entfremdet (obwohl ich das ganze Programm durchlaufen habe: Taufe, Kommunion, Firmung), ich war nichteinmal an Weihnachten in der Kirche, aber trotzdem glaub ich an Gott.
Ich denke als praktizierender Christ erreicht man ohnehin viel mehr als wenn man jeden Sonntag in die Kirche geht, um seine "Pflicht" getan zu haben, das ist Humbug!